Einführung
Im Juni 2012 hat der Gesetzgeber mit der Novellierung des Hessischen Schulgesetzes, im § 127 e des Gesetzes, Trägern selbstständiger öffentlicher beruflicher Schulen die Möglichkeit eröffnet, diese durch Satzung in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts umzuwandeln, wenn die betreffende Schule zusätzlich zu ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag in einem Verbund nach § 4 Abs. 2 des Hessischen Weiterbildungsgesetzes (25. August 2001 (GVBl. I S. 370), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. November 2011 (GVBl.I S. 673)), Maßnahmen der beruflichen und allgemeinen Fort- und Weiterbildung durchführt. Die Verbünde tragen den Namen Hessencampus mit regionalem Zusatz (Hessencampus Kassel).
Voraussetzung für die Umwandlung ist ein Antrag der Schulleiterin oder des Schulleiters nach Beschluss der Schulkonferenz sowie nach Anhörung der Gesamtkonferenz, des Schulelternbeirats und der Schülervertretung. Die Umwandlung bedarf der Zustimmung des Kultusministeriums.
Grundannahme und Zielsetzung für die Umwandlung in eine RSBS
Die Weiterentwicklung und neue Ausrichtung der beruflichen Schulen in Hessen stellt die pädagogische Konzeptentwicklung in den Mittelpunkt und fordert dazu auf, diese durch entsprechende Organisationsstrukturen, Personalentwicklungskonzepte und weitreichende Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten auf der administrativen Ebene zu unterstützen. Hinterlegt und unterstützt durch ein effektives Qualitätsmanagement besteht die Möglichkeit eigene Schulentwicklungsprozesse zu initiieren und erfolgreich zu gestalten. Der Weg von einer „herkömmlichen“ beruflichen Schule, über die selbstständige berufliche Schule (SBS) zu einer rechtlich selbstständigen beruflichen Schule (RSBS), wird also geprägt durch die im Mittelpunkt stehenden Veränderungen im pädagogischen Bereich. Alle weiteren Prozesse und Veränderungen müssen die pädagogische Profilbildung unterstützen und fördern. Lernende sollen stärker als bisher in den Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit gerückt werden. Individuelle Gestaltung von Lernwegen und Lernprozessen mit einer Fokussierung auf die Entwicklung von Kompetenzen verlangen Lehr- und Lernarrangements mit einer neu zu gestaltenden Lernumgebung. Herkömmliche Klassenzimmerstrukturen und eindimensional wirkende Raumgestaltung sind aufzulösen und neu zu gestalten. Rollenverhalten von Lernenden und Lehrenden sind konsequent zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Leitungshandeln muss diese Prozesse mitgestalten und unterstützen, wo notwendig auch herausfordern.
In diesem Kontext sollten administrative Unterstützungsprozesse weitgehend in die Verantwortung der Schule gelegt werden, um zu flexiblen, schnellen und effizienten Entscheidungen vor Ort zu gelangen und diese auch vor Ort zu verantworten.
Die Schule muss die Möglichkeit haben, sich im Rahmen ihres gesetzlichen Bildungs- und Erziehungsauftrages, auf regionale Anforderungen einstellen zu können und ohne Reibungsverluste zu reagieren. Dieses war in der gegebenen Situation als selbstständige berufliche Schule, ohne Rückversicherung/ Rückfragen bei übergeordneten Stellen, oft nicht möglich. Zudem muss die Schule sich seit jeher dem Tempo der Verwaltung anpassen und nicht umgekehrt, was Kreativität und Innovationsprozesse bremst und behindert. Verwaltung und Schule sind in ihren Aufgaben nicht kompatibel, die systembedingte starre Ausrichtung am Schritt der zuständigen Träger verhindert Gestaltungsmöglichkeiten. Zusätzlich ist das auf zwei Säulen basierende Bildungssystem ein bürokratischer Riese. So sind z. B. Haushaltsjahre und Schuljahre nicht kompatibel. Das durch die Haushaltsgesetze für die öffentliche Verwaltungen vorgegebene Jährlichkeitsprinzip schränkt die Möglichkeiten der Schule ein, ihre Schuljahre zu gestalten. Um beruflichen Schulen die für ihren Bildungsauftrag notwendigen Gestaltungsräume zu geben, ist es notwendig den für sie zuständigen Verwaltungsbereich auf ihre Bedürfnisse einzustellen. Erst kurze Entscheidungswege und die Möglichkeit, regionalen und überregionalen Partnern auf Augenhöhe zu begegnen, macht Schule wirklich selbstständig. Hier erscheint nur ein Herauslösen aus der bisherigen Struktur hilfreich zu sein.
Die Schule kann dadurch sowohl als Träger von Maßnahmen der beruflichen Fort- und Weiterbildung als auch in der beruflichen Qualifizierung und Berufsvorbereitung auftreten. Entsprechende Projekte können durch die Möglichkeit der Drittmittelgenerierung schneller vorangetrieben werden.
Schule muss auch unter dem Aspekt des demografischen Wandels zukunftssicher gemacht werden. Weiterentwicklung, Arbeitsplatzsicherung und Neuschaffung von Arbeitsplätzen sind Ziele, deren Erreichung auch vom Innovationsvermögen der Schulen abhängen. Dieses erfordert ebenfalls Strukturen, die den Schulen mehr Selbstständigkeit und die damit verbundene Handlungsfähigkeit zugestehen.
Schulen sind wie ihre Schülerinnen und Schüler individuelle Organisationseinheiten und benötigen eine individuelle Betrachtung. Im Vergleich zu den Schülerinnen und Schülern haben sie aber keine eigene Rechtspersönlichkeit und sind so in ihrem Handeln eher schwerfällig und oft fremdbestimmt.
Der Antrag der Schule auf Umwandlung
Am 08.10.2012 hat sich der Schulvorstand der Oskar-von-Miller-Schule, nach vorheriger Anhörung des Plenums, des Schulelternbeirats und der Schülervertretung, dafür ausgesprochen, den Schulleiter damit zu beauftragen, den Antrag auf Umwandlung in eine rechtlich selbstständige berufliche Schule zu stellen. Grundlage für die der Entscheidung vorhergehende sehr ausführliche Diskussion innerhalb der Gremien der Schule war eine Mustersatzung, die das Land erstellt hatte. Hieraus entwickelte die Schule Zielformulierungen, die aus ihrer Sicht notwendig sind, um die Umwandlung zu realisieren. Diese Zielformulierungen wurden dem Antrag auf Umwandlung, der am 09.10.2012 gestellt wurde, beigefügt. Der Antragstellung der Schule folgte eine Zeit der inhaltlichen Arbeit an einer Satzung, die in der Hoheit des kommunalen Trägers liegt, aber auch eine weitere inhaltliche Auseinandersetzung mit der RSBS innerhalb der Schule. Hierbei wurden alle Fragen aus dem Kollegium mit der größtmöglichen Transparenz beantwortet. Am 31.03.2014 hat dann der Magistrat der Stadt Kassel eine Satzung als Vorlage für die Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Diese basiert auf der Mustersatzung des Hessischen Kultusministeriums und deren Weiterentwicklung, berücksichtigt aber auch speziell für die Stadt Kassel geltende Vorgaben. Weiterentwickelt wurde die Mustersatzung in gemeinsamen Sitzungen des Hessischen Kultusministeriums, der Schulträger und der Schulen, die an einer Umwandlung in eine RSBS interessiert waren. Dieses waren der Landkreis Waldeck-Frankenberg und der Odenwaldkreis, deren Schulen zum 01.01.2014 umgewandelt wurden, sowie die Stadt Kassel als Schulträger der Oskar-von-Miller-Schule mit dem Ziel der Umwandlung zum 01.01.2015.
Plenum und Schulvorstand der Oskar-von-Miller Schule haben nach Vorlage der endgültigen Fassung der Satzung dieser in ihren Sitzungen am 14.05.2014 noch einmal zugestimmt, so dass eine Umwandlung der Schule zum 01.01.2015 erfolgen kann. Am 16.10.2014 hat auch das Hessische Kultusministerium der Umwandlung zugestimmt.
Magistratsvorlage vom 31.03.2014: Klick mich
Öffentliche Niederschrift der Sitzung des Ausschusses für Schule, Jugend und Bildung am 29.04.2014: Klick mich
Beschlusstext in Vorbereitung des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung inkl. Änderungsvorschläge: Klick mich
Niederschrift über die 32. öffentliche Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 19. Mai 2014: Klick mich
Die Umwandlung
Mit Wirkung vom 01.01.2015 ist die Oskar-von-Miller-Schule eine „rechtlich selbstständige berufliche Schule“ und führt den Zusatz „rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts“. Die Schule ist damit die vierte rechtsfähige berufliche Schule in Hessen.
Mit Ausnahme der Regelungen für das Finanzmanagement gelten viele Bestimmungen und umgesetzte Prozesse der selbstständigen beruflichen Schule (SBS) weiter.